„Die Zeit, in der man sich eine hervorragende Enzyklopädie von anderthalb Meter Umfang ins Regal stellt, um sich dort herauszusuchen, was man wissen will, scheint vorbei zu sein“ Mit diesem Satz erklärte Verlagssprecher Klaus Holoch das Ende des “Brockhaus”. Vorausgegangen war ein Verlustgeschäft von mehreren Millionen Euro, die 21. Auflage des bekanntesten deutschen Konversationslexikons in 30 Bänden von 2006.
Auch das Schulbuch, seit Jahrhunderten Leitmedium für den Unterricht, ist unter Druck geraten. Der 2011 bekannt gewordene Versuch, mit Unterstützung der Kultusministerien mittels des sogenannten „Schultrojaners“ Schulserver auf digitalisierte Lehrbuchinhalte zu durchschnüffeln, zeigt vor allem eins: Die Verlage stehen mit dem Rücken an der Wand und in ihrem Überlebenskampf scheint ihnen jedes Mittel recht.
Sie haben erkannt, dass die informationstechnische Entwicklung das Schulbuch verdrängt. Wie verzweifelt die Lage ist, kann man an dem als Gemeinschaftsprojekt der großen Verlage entwickelten Internetportal www.digitale-schulbuecher.de sehen. Wer sich hier ein Benutzerkonto anlegt, kann seine Schulbücher in ein virtuelles Buchregal stellen, vorausgesetzt er hat das Buch und die Lizenz zur Nutzung des Digitalisats vorher käuflich erworben. Ich glaube, die meisten Regale werden leer bleiben.
Was den Lehrbuchverlagen das Wasser abgräbt, sind nicht illegale Raubkopien auf Schüler- und Lehrerrechnern, sondern die mittlerweile kaum noch zu überblickenden “Open Educational Ressources” (OER), die die Open Source und Creative Commons Gemeinde im Internet jedem Bildungswilligen kostenlos bereitstellt. In Deutschland führen die lizenzfreien Unterrichtsmaterialien zwar eher ein Mauerblümchen Dasein und sind mitunter recht hausbacken, aber das wird sich schon in naher Zukunft ändern.
Digitalisierung von Unterrichtsmedien ist zum Megatrend geworden. Auch die Schule wird davon erfasst werden und wird sie nachhaltig verändern.
In den USA hat das renommierte MIT (Massachusetts Institute of Technology) 2001 damit begonnen, das nahezu endlose bildungsrelevante Potential des Internets sowie die kommunikativen Möglichkeiten des sogenannten WEB 2.0 für neue Formen der Wissensaneignung und Qualifizierung von Studenten zu nutzen. Inzwischen bietet allein die amerikanische Eliteuni 2150 Online-Unikurse an und erreicht damit ein weltweites Publikum von 125 Millionen Besuchern im Monat. Neben dem akademischen Tagesgeschäft können sich Studenten aus aller Welt im Selbststudium durch die angebotenen Kursmaterialien arbeiten.
Viele Universitäten und Schulen ziehen inzwischen nach und bieten ihren Studenten und Schülern professionell und lernpsychologisch geschickt aufbereitete Lehrgänge an. Solche internetbasierte und lizenzfreie Bildungsangebote werden von der US-Regierung massiv finanziell unterstützt, 2011 mit 2 Milliarden USD.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen